Handy-Abofallen: „Nur mit Zeugen in die Shops gehen“ | Stiftung Warentest

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Handy-Abofallen: „Nur mit Zeugen in die Shops gehen“ | Stiftung Warentest
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  • Von deutschewhiskybrenner
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Wie groß ist der Ärger über Telefonanbieter?

Elbrecht: Beschwerden über Tele­kommunikations­anbieter sind ein Klassiker bei den Verbraucherzentralen. Mit 11 000 Beschwerden war Vodafone im Jahr 2020 dabei Spitzenreiter.

Warum?

Elbrecht: Bei Vodafone scheint einiges schief zu laufen. Nicht nur in den Vodafone-Shops sondern auch beim telefo­nischen Kunden­service. Verbraucher berichten, dass ihnen sowohl am Telefon als auch in Shops neue Verträge oder Zusatz­optionen für bestehende Verträge unterge­schoben werden, also Leistungen, die sie gar nicht brauchen und nicht nutzen wollen.

Welche Verträge sind das?

Elbrecht: Beispiels­weise werden Kunden neue Mobil­funk­verträge oder auch Zusatz­verträge wie Internet-Sicher­heits­pakete unterge­schoben. Es geht dabei oft um Beträge, die vielen Kunden auf der Rechnung nicht sofort auffallen wie zum Beispiel 3,99 Euro. Problematisch ist es, wenn die ersten drei Monate kostenlos sind und ab dem vierten Monat gezahlt werden muss. Der Kunde merkt erst, dass er einen ungewollten Vertrag hat, wenn er sich an den Besuch im Vodafone-Laden oder den Anruf von Vodafone kaum noch erinnert.

Können Kunden solche Verträge nicht widerrufen?

Elbrecht: Nicht, wenn sie im Laden abge­schlossen wurden. Bei Verträgen, die am Telefon abge­schlossen werden, gilt generell ein Widerrufs­recht inner­halb von 14 Tagen ab Datum des Vertrags­schlusses, beziehungs­weise ab Erhalt einer Ware. Die Voraus­setzung ist hier, dass die Widerrufs­belehrung korrekt ist.

Grund­sätzlich sind Tele­kommunikations­kunden seit 1. Dezember 2021 besser vor unterge­schobenen Verträgen am Telefon geschützt. Die Anbieter sind jetzt verpflichtet, Verbrauche­rinnen und Verbrauchern eine schriftliche Vertrags­zusammenfassung zur Verfügung zu stellen, die explizit genehmigt werden muss. Erst dann liegt ein rechts­verbindlicher Vertrag vor. Ähnliches gilt für Verträge in einem Tele­kommunikations­shop: Anbieter müssen die Vertrags­zusammenfassung vor dem Vertrags­schluss als Dokument aushändigen oder per Mail zur Verfügung stellen. Zusätzlich gibt es das Problem der „blinden Unter­schriften“ in Unkennt­nis, wenn Verbraucher auf einem Tablet in einem Shop unter­schreiben. Das wird sich hoffentlich künftig entschärfen.

Sie empfehlen Kunden, einen Zeugen mit in den Vodafone-Shop zu nehmen, damit sie mit seiner Hilfe einen unterge­schobenen Vertrag verhindern. Warum?

Elbrecht: Kundinnen und Kunden treffen in jedem Tele­kommunikations-Shop auf gut geschultes Personal, das sie auch dazu bringen kann, etwas zu unter­schreiben, was sie unter Umständen gar nicht möchten. Deshalb ist es wichtig, genau aufzupassen und einen Zeugen für das Verkaufs­gespräch zu haben. So können sich Verbraucher besser davor schützen, den Laden mit Verträgen zu verlassen, die sie bei reiflichem Über­legen gar nicht abschließen würden. Kunden sind redegewandtem Verkaufs­personal schutz­los ausgeliefert, nicht nur bei Vodafone, sondern auch bei anderen Telefonanbietern. Daher plädieren wir für ein Widerrufs­recht, das auch für die in Shops abge­schlossenen Verträge greift.

Vodafone-Läden werden oft von Franchisen­ehmern betrieben. Sind diese Betreiber Schuld, wenn Kunden über den Tisch gezogen werden, oder ist es Vodafone selbst?

Elbrecht: Im Ergebnis spielt es für Verbrauche­rinnen und Verbraucher keine Rolle, ob der Ärger mit dem Franchise­unternehmen oder unmittel­bar einem Tele­kommunikations­anbieter wie Vodafone besteht. Die Verträge tragen das Logo des Tele­kommunikations­unter­nehmens und das ist das, was beim Verbraucher ankommt. Nachdem wir bei Vodafone in diesem Jahr zahlreiche Probleme fest­gestellt haben, schauen wir da auch in Zukunft genauer hin.

Wie können sich Kunden gegen am Telefon unterge­schobene Verträge wehren?

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Elbrecht: Ein unterge­schobener Vertrag ist formal-juristisch nicht rechts­wirk­sam. Dennoch buchen Telefonanbieter dafür unter Umständen schon Geld vom Konto der Kunden ab. Es ist ratsam, dass Verbraucher dem vermeintlichen Vertrag schriftlich wider­sprechen. Außerdem sollten Verbraucher dann bei ihrer Bank eine Rück­buchung der Last­schrift veranlassen und danach nur die recht­mäßigen Telefon­kosten über­weisen – ohne die Kosten für die nicht gewollten Verträge. Bleibt der Telefonanbieter hart, sollten Kundinnen und Kunden die Hilfe einer Beratungs­stelle der Verbraucherzentralen in Anspruch

Mit anderen Tele­kommunikations­unternehmen gibt es ebenfalls Probleme. Was berichten Ihnen Kundinnen und Kunden, die sich bei ihrem Mobil­funkanbieter über unseriöse Dritt­anbieter beschweren?

Steinbach: Wir erhalten Beschwerden darüber, dass der Kunden­service telefo­nische Reklamationen abblockt. Das geht soweit, dass Kunden­service-Mitarbeiter einfach aufgelegt haben. Auch hatten Kunden Dritt­anbieter-Leistungen auf ihrer Rechnung, weil der Mobil­funkanbieter die Dritt­anbieter­sperre, die sie wollten, anscheinend ignoriert hat. Leider wissen viele Kundinnen und Kunden noch nicht, dass die Mobil­funk­firmen eine Dritt­anbieter­sperre einrichten müssen, wenn Kunden dies verlangen.

Helfen telefo­nische Beschwerden über­haupt?

Steinbach: Kundinnen und Kunden sollten sich am besten schriftlich beschweren. Nur dann haben sie einen Nach­weis für ihre Reklamation. Auch sollten sie auf einer schriftlichen Antwort des Mobil­funkanbieters bestehen.

Was ist, wenn keine Antwort kommt oder der Mobil­funkanbieter sich weigert, das Geld für nicht bestellte Dritt­anbieter-„Leistungen“ zurück­zuzahlen?

Steinbach: Das Mobil­funk­unternehmen und der Dritt­anbieter müssen nach­weisen, dass per Smartphone ein Vertrag zustande gekommen ist. Dafür gelten die von der Bundes­netz­agentur vorgegebenen Bestell­verfahren, insbesondere das sogenannte Redirect-Verfahren. Wenn der Kunde nichts bestellt hat, können Mobil­funk­firma und Dritt­anbieter keine Bestellung nach­weisen – eben weil es keinen recht­mäßig zustande gekommenen Vertrag gibt. Sie müssen dann das unrecht­mäßig abge­buchte Geld erstatten. In solchen Fällen kann man sich auch bei der Bundes­netz­agentur beschweren.

Seit 1. Dezember 2021 gelten Neuerungen im Tele­kommunikations­gesetz. Bringt dies Verbesserungen für Kundinnen und Kunden, die Probleme mit Dritt­anbietern haben?

Steinbach: Die Mobil­funk­firmen müssen nun auf der Telefon­rechnung genau angeben, für welchen Dritt­anbieter welche Leistungen abge­rechnet worden sind: Also Name, ladungs­fähige Anschrift und eine kostenfreie Kunden­dienst­nummer.

Eine solche Vorgabe der Bundes­netz­agentur gibt es doch schon.

Steinbach: Die Vorgaben der Bundes­netz­agentur erfassen nur einige der genannten Informationen und sind teil­weise freiwil­lig. Jetzt haben wir eine gesetzliche Verpflichtung, diese Angaben direkt in der Rechnung zu machen.

Wie kommt es, dass Mobil­funk­firmen immer wieder selbst ihre treuen, lang­jährigen Kunden über den Tisch ziehen?

Steinbach: Der Mobil­funk­markt in Deutsch­land ist nahezu gesättigt. In den Beschwerden, die wir erhalten, sehen wir: Manche Anbieter locken Kundinnen und Kunden in Abo-Verträge oder Abo-Fallen. Dabei scheint das Anreiz­system problematisch zu sein. Mitarbeiter von Mobil­funk­firmen bekommen Provisionen, wenn sie viele Verträge abschließen oder wenn sie von Kunden die Einwilligung erzielen, telefo­nisch, per Mail oder Brief kontaktiert zu werden. Dabei werden auch unlautere Methoden angewandt, wie uns Verbrauche­rinnen und Verbraucher immer wieder berichten. Die Tele­kommunikations­unternehmen sollten ihre Mitarbeiter für Kunden­zufriedenheit belohnen, nicht für die Anzahl neu abge­schlossener Verträge.

Wenn sich Kunden wehren, antworten die Telefonanbieter oft, dass der Vertrag aus „Kulanz“ gekündigt werde. Das bis dahin kassierte Geld wollen sie jedoch behalten. Was raten Sie Kundinnen und Kunden in solchen Fällen?

Elbrecht: Je geringer der finanzielle Schaden für den Verbraucher ist, umso größer ist die Wahr­scheinlich­keit, dass er dies als „Lehr­geld“ abschreibt. Viele sagen: „Bevor ich einen Rechts­streit vom Zaun breche, zahle ich halt, dann habe ich meine Ruhe.“ Davon raten wir ab. Verbrauche­rinnen und Verbraucher sollten ihr Geld nicht abschreiben. Sie sollen sich zu Wehr setzen, am besten mit Unterstüt­zung der Verbraucherzentralen. Wir bieten dafür nicht nur eine persönliche oder telefo­nische Beratung an, sondern auch Musterbriefe.