4 Gründe, warum der Gaspreis 2022 steigt – Forbes Advisor Deutschland

4 Gründe, warum der Gaspreis 2022 steigt – Forbes Advisor Deutschland
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  • Von deutschewhiskybrenner
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Deutschland gehört weltweit zu den Ländern, die am meisten Gas zum Heizen nutzen. Über 40 Gasspeicher sorgen hierzulande dafür, dass es in den kalten Monaten warm bei Dir zu Hause ist. Zurzeit sind die Gasspeicher aber kaum gefüllt – und einfach auffüllen ist schwierig, denn Gas ist derzeit extrem teuer.

Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BEDW) stieg der Gaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern zum Jahresbeginn 2022 um 83% an, von 6,47 Cent/kWh auf durchschnittlich 11,84 Cent/kWh. Wer einen neuen Vertrag abschließt, muss nochmal mit höheren Preisen rechnen. Manche Gasanbieter nehmen derzeit keine neue Kunden auf.

Warum Gas im Moment so teuer ist und wie sich der Preis künftig entwickeln könnte, liest Du in unserem Ratgeber.

Wie bildet sich der Gaspreis?

Früher war der Gaspreis weitgehend an den Ölpreis gekoppelt. Das haben die Produzenten, Importeure und Versorger von Gas in brancheninternen Vereinbarungen so festgelegt, um sich nicht selbst Konkurrenz zu machen. Stieg der Ölpreis, dann stieg normalerweise kurz darauf auch der Preis für Gas. Der Zusammenhang ist heute nicht mehr unbedingt gegeben.

Heute wird der Gaspreis (wie auch der Strompreis) entweder zwischen Erzeuger und Versorger in langfristigen Verträgen ausgehandelt – oder kurzfristig an der Gasbörse. Der Handel an der Börse ist allerdings noch sehr jung: Erst 2007 wurde an der Leipziger Energiebörse EEX die Gasbörse ins Leben gerufen.

Wie setzt sich der Gaspreis zusammen?

Der Gaspreis setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen.

1. Gasbeschaffung und Vertrieb

Der Einkaufspreis für Gas ist abhängig davon, wie gut der Gasversorger mit verhandelt hat. Entweder er hat mit Gaslieferanten über mehrere Jahre Verträge abgeschlossen oder er handelt an der Gasbörse mit. Zum Einkaufspreis kommen noch die Kosten für Vertrieb und Marketing sowie ein Gewinnaufschlag, die sogenannte Marge. Dieser gesamte Bestandteil des Gaspreises macht 63% des Endpreises aus und kann vom Gasversorger beeinflusst werden.

2. Netzentgelte

Die über 700 Betreiber der Gasnetze in Deutschland verlangen Gebühren für den Transport des Gases durch ihre Netze – die sogenannten Netzentgelte. Diese Kosten gibt Dein Gasversorger an Dich weiter. Mit diesen Gebühren werden die Gasnetze betrieben, gewartet und ausgebaut. Gas wird über Rohre unterirdisch transportiert.

Zusätzlich sind die Kosten für die Gaszähler, also deren Betrieb, Wartung und Messung, im Netzentgelt enthalten. Die Netzentgelte sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, umfassen aber durchschnittlich 11% des Gaspreises.

3. Steuern und Abgaben

Knapp 26% des Gaspreises gehen als Konzessionsabgabe, CO2-Preis, Erdgassteuer und Umsatzsteuer an den Staat.

Die Konzessionsabgabe wird an Städte und Kommunen für den Bau und Betrieb der Gasleitungen gezahlt. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde und reicht von 0,51 Cent/kWh bei kleineren Städten wie Xanten in NRW bis zu 0,93 Cent/kWh bei großen Städten wie Hamburg.

Der CO2-Preis soll Anreize für ein umweltschonendes Verhalten setzen und steigt bis 2026 jährlich an. 2022 kostet eine Tonne CO2-Emissionen 30 Euro, was 0,65 Cent/kWh Aufpreis auf den Gaspreis bedeutet.

Zusätzlich kommen noch 0,55 Cent/kWh als Erdgassteuer auf den Gaspreis drauf. Die Umsatzsteuer wird auf Basis der Gesamtsumme aus Gasbeschaffung, Vertrieb, Netzentgelte, Erdgassteuer, Konzessionsabgabe und CO2-Preis berechnet.

Was treibt den Gaspreis nach oben?

Mehrere Faktoren sorgten Ende 2021 und Anfang 2022 dafür, dass die Gaspreise in die Höhe schossen. Wir zeigen Dir die wichtigsten vier:

1. Erhöhte Nachfrage nach Erdgas

4 Gründe, warum der Gaspreis 2022 steigt – Forbes Advisor Deutschland

Es wird auf der Welt derzeit mehr Gas benötigt, als in den letzten Monaten gefördert wurde. Grundsätzlich lässt ein höherer Bedarf an Gas bei geringem Angebot Gaspreise weiter steigen.

2. Gas wird zunehmend für die Stromproduktion benötigt

Nicht nur Gas, sondern auch Strom ist zurzeit deutlich mehr nachgefragt. Problematisch ist einmal, dass schon eine ganze Weile lang wetterbedingt weniger Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz gespeist wird. Laut Umweltbundesamt lag etwa der Anteil des Ökostroms 2021 um 5% niedriger als im Vorjahr – und das trotz Ausbau der Kraftwerksparks.

So müssen an sonnen- und windarmen Tagen Gaskraftwerke zusätzlichen Strom produzieren. Auch will man künftig auf weitere Kraftwerkstypen wie Atom oder (mittelfristig) Kohle verzichten. Gas dürfte also zunehmend für die Stromproduktion benötigt werden, was die Gaspreise tendenziell nach oben treibt.

3. Höhere Abgaben und Entgelte

Wie beim Strom steigen auch beim Gas die Abgaben und Entgelte. Die Kosten für den Transport durch die Gasnetze (Netzentgelte) steigen laut Check24 2022, abhängig vom Bundesland, um durchschnittlich 2%. Der CO2-Preis stieg 2022 von 0,54 Cent/kWh auf 0,65 Cent/kWh, was einen Anstieg von 20% bedeutet. Bis 2025 soll der CO2-Preis bis auf 1,1 Cent pro kWh ansteigen.

4. Politische Gründe

Deutschland importiert Gas hauptsächlich aus drei Ländern: Russland, Norwegen und Niederlande. Wie dort Gas gefördert wird, erfährst Du in unserem FAQ. Mit fast 40% beziehen wir das meiste Gas aus Russland. Gasbetreiber schließen in der Regel Lieferverträge mit einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnten ab. Theoretisch müsste also Gas geliefert werden.

Praktisch reduziert Russland aber immer wieder seine Gasexporte, mit wechselnden Begründungen. Dahinter könnten ökonomische Gründe stehen. Möglich ist auch, dass Russland damit politischen Druck aufbauen will, zum Beispiel, damit die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an den Start geht. Über diese könnte der staatliche Gaskonzern Gazprom mehr Gas nach Deutschland liefern.

Zusätzlich könnte der russisch-ukrainische Gasstreit, der seit 2005 immer wieder aufflammt, zu reduzierten Lieferungen und dadurch Preisschwankungen führen.

Wie wird sich der Gaspreis 2022 entwickeln?

Vielen Experten erscheint eine Prognose zur Gaspreisentwicklung schwierig. Das Vergleichsportal Check24 sieht den Großhandelspreis auf hohem Niveau verweilen.

„Die aktuellen Gaslieferungen aus den USA entschärfen die Situation etwas, wie nachhaltig die Entwicklung ist, wird sich zeigen”, so Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie.

source: tradingeconomics.com

Laut Linda Marie Holm, leitende Redakteurin beim Portal Strom-Report, könnten sich die Preise jahreszeitbedingt wieder stabilisieren. Die politische Situation in der Ukraine sei aber Zündstoff für weitere Preissprünge.

Auch politische Faktoren sprechen dafür, dass der Gaspreis weiter steigen dürfte. Die im Klimapaket der deutschen Bundesregierung entschiedenen CO2-Zertifikate werden bis 2025 zu jährlich steigenden Festpreisen verkauft. Ab 2026 werden die Zertifikate mit Ober- und Untergrenze versteigert, ab 2027 bestimmt der Markt die Zertifikatspreise. Je nach Angebot und Nachfrage könnten die Gaspreise dann noch teurer werden.

Was tun Politik und Verbraucherschützer?

Um die Mehrkosten für die Geringverdiener abzufangen, plant die Bundesregierung Entlastungen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf des Bauministeriums stammt von Anfang Januar 2022.

So soll, wer zwischen Oktober 2021 und März 2022 mindestens einen Monat lang Wohngeld bezogen hat, wohl im Sommer 2022 einen Zuschuss erhalten. Für Alleinlebende ist ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 135 Euro geplant. Zwei-Personen-Haushalte sollen pauschal 175 Euro bekommen. Für jede weitere Person im Haushalt sollen nochmal 35 Euro dazukommen.

Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband, Klaus Müller, begrüßt den geplanten Heizkostenzuschuss für Geringverdiener, hält die Hilfe allerdings für nicht ausreichend. Er fordert die Bundesregierung auf, den Zuschuss auf mindestens 500 Euro anzuheben. Haushalte, die ihre Strom- oder Gasrechnung derzeit nicht bezahlen können, sollten zudem weiterhin mit der Versorgung rechnen dürfen (sog. Sperren sollten ausgesetzt werden).

Was sind die Alternativen zu Gas?

Mögliche Alternativen zum Heizen mit Gas ist zum Beispiel Wasserstoff. Dieser ist momentan aber weder großflächig verfügbar noch über die aktuellen Gasnetze transportierbar. Ein Umbau der Netze wird bereits diskutiert, einige Pilotprojekte sind abgeschlossen. Allerdings würden sich durch den Umbau vermutlich die Netzentgelte erhöhen.

Hast Du ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung, dann könnte Wärme aus erneuerbaren Energien wie Biomasse oder Erdwärme eine Alternative für Dich sein. Sie ist in der Erzeugung günstig – die Anschaffung solcher Heizsysteme sind jedoch hoch. Laut der Agentur für erneuerbare Energien könnte die Wärme aus erneuerbaren Energien aber über die Lebensdauer einer Heizung weniger kosten als Heizen mit Gas oder Öl.

Was kannst Du tun?

Wohnst Du in Eigentum oder hast als Mieter eine Gasetagenheizung, kannst Du Dich normalerweise nach einem günstigeren Gasanbieter umsehen. Derzeit ist das allerdings schwieriger. Wegen der steigenden Gaspreise nehmen viele Gasanbieter im Moment sogar gar keine Neukunden mehr an. Vergleiche dennoch mindestens einmal im Jahr die Gaspreise auf Portalen wie Check24, Verivox oder WechselJetzt.

Wohnst Du zur Miete und Dein Verbrauch wird über die Betriebskostenabrechnung abgerechnet, sucht Dein Vermieter den Gasanbieter aus. Wenn Deine Heizkosten mehr als 10% ansteigen, muss Dein Vermieter den Preisanstieg erklären und einen Gasvergleich anstellen.

In dem Fall einer „erheblichen Erhöhung“ über das normale Maß hinaus kann ein sogenannter Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vorliegen, weiß Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. In dem Fall hast Du die Möglichkeit, die Betriebskostenabrechnung auf das angemessene Maß zu kürzen. Allerdings: Selbst dann ist der Vermieter nicht verpflichtet, den günstigsten Anbieter auszuwählen, sondern kann auch die Zuverlässigkeit des Anbieters als Auswahlkriterium anführen.

Um Deinen Vermieter zu einem Anbieterwechsel zu motivieren, kannst Du selbst vergleichen und ihm eine Aufstellung von günstigeren Anbietern zur Verfügung stellen. Vielleicht geht Dein Vermieter mit dieser Arbeitserleichterung auf den Wechsel ein. Alternativ kannst Du Dich auch an einen Mieterschutzverein wenden, wenn der Vermieter gar nicht mit sich reden lässt.

Egal ob Du zur Miete oder im Eigentum wohnst – was Du immer versuchen kannst, ist Heizkosten einzusparen, also Deinen Verbrauch zu senken. Wie Dir smarte Thermostate beim Sparen helfen können, erklären wir im Artikel über Smart-Home-Geräte.

FAQ

Wo kommt das Erdgas her?

Das Gas, das wir in Deutschland verwenden, importieren die Netzbetreiber hauptsächlich aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Nur 10% stammt aus inländischer Produktion. Das meistverwendete Verfahren zur Gasförderung ist das Bohrverfahren. Wurde ein natürliches Gaslager gefunden, dann wird mittels eines großen Bohrers eine lange Metallstange in Gas-förderndes Gestein eingeführt, wodurch das Gas nach oben fließen, gereinigt und anschließend ins Gasnetz eingespeist werden kann. Von dort aus wird es an die Verbraucher weitergeleitet.