Vor allem in den sozialen Medien taucht der Begriff immer häufiger auf und das Thema wird heiß diskutiert: Blackfishing. Blackfishing bezeichnet eine Methode, bei der sich weiße Personen so schminken, stylen oder anderweitig optisch verändern, dass sie sich als schwarz bzw. nicht-weiß inszenieren können. Die Aktivistin Rebekah Hutson spricht auf ihrem Blog "Only Black Girl" von einem „rassistischen Beauty-Trend“.
Bislang lässt sich dies offenbar vor allem bei Frauen beobachten, die beispielsweise durch Make-Up oder Solarium eine dunklere Hautfarbe herbeiführen, sich die Haare dunkel färben und auf Frisuren- und Modetrends vor allem aus der afroamerikanischen Kultur zurückgreifen. Zum Teil kommen sogar Schönheitsoperationen und eine Wandlung der Sprache und Ausdrucksweise hinzu. Weiße täuschen damit eine nicht vorhandene schwarze Herkunft vor.
Der Begriff ist an die Masche des „Catfishing“ angelehnt. Beim Catfishing erstellt eine Person eine gefälschte Online-Identität, zum Beispiel auf Datingseiten, um andere Menschen zu ärgern, zu betrügen oder bloßzustellen.
Ist Blackfishing das gleiche wie Blackfacing?
Blackfishing erscheint ähnlich zum sogenannten Blackfacing, wird aber meist davon unterschieden, weil die beiden Begriffe in verschiedenen Zusammenhängen genutzt werden und weil es sich beim Blackfishing um ein relativ neues Phänomen handelt. Blackfacing bezieht sich vor allem auf Theater und Film, wenn sich ein weißer Darsteller schwarz schminkt, um eine Rolle zu verkörpern. Blackfacing entstammt den rassistischen „Minstrel Shows“, in denen Schwarze karikiert und verunglimpft wurden.
Blackfishing findet jedoch außerhalb von Bühnen statt und ist Teil davon, wie eine Person von ihrer Umwelt wahrgenommen wird. Insbesondere geht es beim Blackfishing um sogenannte kulturelle Aneignung, das heißt Teile einer Kultur werden von Mitgliedern einer anderen Kultur adaptiert. Das ist vor allem problematisch, weil sich im Falle des Blackfishings weiße Personen Teile der afroamerikanischen Kultur aneignen, deren Mitglieder lange Zeit systematisch unterdrückt wurden und auch heute oft noch diskriminiert werden.
Warum ist Blackfishing problematisch?
Das schwedische Model Emma Hallberg ist nach eigener Aussage weiß. Auf ihrem Instagram-Kanal iszeniert sie sich aber als schwarze Person. Das brachte ihr viel Kritik ein. Foto: Screenshot von instagram.com/eemmahallberg, Katrin Klingschat, 04.03.2021
Blackfishing ist nicht nur allein deswegen problematisch, weil sich weiße Menschen zu ihrem Vorteil an Elementen aus schwarzen Kulturen bedienen, sondern auch weil diese Elemente fetischisiert werden. Besonders häufig wird dabei die afroamerikanische Hip-Hop-Kultur aufgegriffen.
Die Motive für das Blackfishing sind nicht ganz klar, schließlich bestreiten beschuldigte Personen die Vorwürfe. Es ist aber davon auszugehen, dass damit ein bestimmtes Image vermarktet werden soll. Man will cooler und erfolgreicher werden, indem man sich beispielsweise an Elementen der schwarzen Hip-Hop-Szene bedient, um so die eigene Reichweite zu erhöhen. Rebekah Hutson drückt es wie folgt aus: „Schwarzsein war schon immer populär, schwarze Menschen waren es nicht.“
Vor allem schwarze Frauen werden dabei auf klischeehafte, oberflächliche Merkmale reduziert: volle Lippen, runder Po, kurvige Figur, lockige Haare.
Schwarzsein ist jedoch, wie im letzten Jahr die Black-Lives-Matter-Proteste weltweit wieder deutlich gemacht haben, auch mit Rassismus und Diskriminierung verbunden. Durch Blackfishing wird die Lebensrealität schwarzer Menschen ignoriert und verspottet.
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Stars oder Influencern wie Shirin David, Emma Hallberg, Iggy Azalea, Ariana Grande oder den Kardashians wird vorgeworfen, sich das Schwarzsein wie ein Kostüm überstreifen zu wollen und es wie ein Accessoire zu behandeln. Popstars, Models und Influencerinnen wollen damit wohl auch durch vermeintliche „Exotik“ auffallen und Reichweite gewinnen. Das gilt auch, wenn sich Weiße Merkmale anderer Kulturen aneignen wollen. So wird Ariana Grande vorgeworfen, sich als Latina zu inszenieren, obwohl sie es nicht ist.
Rebekah Hutson schreibt dazu auf ihrem Blog: „Es geht nicht bloß darum, dass wir unsere Kulturen für uns haben wollen, sondern darum, dass Weiße die Teile des Schwarzseins nehmen wollen, die ihnen gefallen, während sie gleichzeitig schwarze Menschen ausgrenzen.“
Zum Vergleich: Sängerin Ariana Grande 2011 (links, Foto: Tinseltown/Shutterstock) und Ariana Grande 2018 (rechts, Foto: lev radin/Shutterstock)
Wo fängt Blackfishing an?
Das Problem bei Debatten um kulturelle Aneignung ist immer, dass Kultur als etwas klar Definiertes aufgefasst wird. Das ist aber nicht der Fall. Kultur ist kein abgeschlossener Kreis und kann selten in ein „Außen“ und „Innen“ geteilt werden.
Schließlich könnte es sich bei so manchem Outfit oder bei manchen Frisuren auch schlicht um kulturelle Wertschätzung handeln.
Eine gebräunte Haut ist sicher noch kein Blackfishing und auch volle Lippen oder eine kurvige Figur sind nicht allein schwarzen Frauen vorbehalten. Doch wenn Merkmale hinzukommen, die traditionell in schwarzen Kulturkreisen verbreitet sind, wenn sich diese Merkmale häufen und vor allem wenn diese Elemente zum eigenen Vorteil genutzt werden, um sich selbst zu vermarkten oder abzuheben, dann liegt der Verdacht des Blackfishings nahe. Erst recht dann, wenn eine weiße Person auf den ersten Blick für eine schwarze gehalten werden kann und wenn es die Person auch genau darauf anlegt.
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