Ein Fahrradfahrer hatte bei einer privaten Feier im Vereinshaus eines Sportvereins exzessiv Alkohol konsumiert. Als der die Feier um 6.30 morgens verlassen hatte und mit seinem Fahrrad nach Hause fahren wollte, merkte er immerhin noch, dass im dies nicht möglich sein würde. Schon als der das Fahrrad aus dem Ständer zog, fiel er das erste Mal hin.
Zu betrunken zum Fahren – stark Alkoholisierter schiebt sein Fahrrad und stürzt
Als der Mann bemerkte, dass er zu betrunken war, um zu fahren, entschloss er sich, das Fahrrad auf dem circa vier Kilometer langen Heimweg zu schieben. Auch dieser Versuch war allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Der Mann litt alkoholbedingt unter massiven Gleichgewichtsstörungen.So stieß er einmal an einer Brücke gegen das Brückengeländer.
Nach einigen hundert Metern kam er vom Weg ab und fiel mitsamt des Fahrrads in eine Böschung. Das Rad ließ er in der Böschung liegen und ging selbst noch einige Schritte, bevor er dann – von der Wirkung des Alkohols übermannt – stürzte und sich dann zum Schlafen auf der Straße niederließ.
525 EUR Geldstrafe dafür, dass ein Betrunkener sein Fahrrad geschoben hat?
Dort fanden ihn dann zwei Polizeibeamte. Ein Alkoholtest ergab 2,3 Promille. Das Amtsgericht Freiburg verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 35 EUR. Im Strafbefehl hieß es, der Mann sei mit dem Fahrrad auf der Straße gefahren, obwohl er aufgrund des vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig gewesen sei. Er habe sich der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht.
Gericht sah keinen Hinweis darauf, dass das Fahrrad gemäß § 316 StGB geführt wurde
Das Landgericht Freiburg - bekannt für seine Radfahrer-Rechtsprechung - kam zu einer anderen Einschätzung. Es gebe keine Hinweise dafür, dass der Mann auf dem Weg vom Vereinsheim bis zu der Stelle, an der ihn die Polizisten bewusstlos gefunden hatten, zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem Fahrrad gefahren sei:
Somit habe der Mann das Fahrrad nicht im Sinne des § 316 StGB geführt.
Schieben eines Fahrrads kann nicht als Führen angesehen werden
Die herrschende Meinung, der sich das Landgericht anschloss, gehe davon aus, dass das Schieben eines Fahrrads nicht als Führen angesehen werden könne.
Zwar bediene der Schiebende sich dafür in aller Regel des Lenkers , so dass das Zweirad unter eigenverantwortlicher Handhabung einer seiner wesentlichen technischen Vorrichtungen durch den öffentlichen Verkehrsraum geleitet wird. Die Gefahrenlage beim Schieben sei so viel geringer, dass es sachgerecht erscheine, einschlägige Verhaltensweisen im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Tatbestand zu eliminieren.
Das betrunkene Schieben eines Fahrrads im öffentlichen Verkehrsraum kann danach nicht als Führen im Sinne des § 316 StGB angesehen werden.
(LG Freiburg, Urteil v. 26.10.2021, 11/21 10 Ns 530 Js 30832/20).
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Norm: § 316 StGB - Trunkenheit im Verkehr
(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.
(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.
Hintergrund: Betrunkene Fahrradfahrer riskieren „Lizenz zum Radeln“
Wer mit 1,6 Promille oder mehr im Straßenverkehr erwischt wird, der muss den sogenannten Idiotentest (MPU) absolvieren, um wieder lenken zu dürfen. Das gilt nicht nur für Autofahrer. Fahrrad fahren ist zwar grundsätzlich fahrerlaubnisfrei. Dennoch ist es möglich, dass diese erlaubnisfreie Fortbewegung untersagt wird. Auch Fahrradfahrer riskieren ihre „Lizenz zum Radeln“, wenn sie dermaßen alkoholisiert unterwegs sind. Beim reinen Schieben sieht es nach diesem Urteil anders aus.
Schlagworte zum Thema: Verkehrsrecht, Bußgeld
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